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Krisenüberbrückung: Der Stedtli-Pfarrer war empört

Lucretia Herren brauchte damals einen Plan B um den schwindenden und allmählich ausbleibenden Besucherzahlen zu trotzen. In den 70er Jahren klingelte es in den Kinokassen kaum mehr, schliesslich sah die Gesellschaft einer wachsenden Inflation entgegen und das Geld für Freizeitaktivitäten wurde knapp. Während den Krisenjahren wurde im Kino Hirschen des Öfteren auch mal unter dem Dirndl gejodelt. Der Stedtli-Pfarrer hat sich vor allem über die Werbemassnahmen empört und ergriff die Initiative mit der Begründung, dass «der Sexfilm […] keineswegs den wirklichen Tatsachen in Liebe, Ehe und auch Prostitution [entspreche], ganz einfach, weil die Frau ein Mensch ist und kein Kaninchen». Eine Sternchenordnung wurde als Kompromiss eingeführt und es wurde trotzdem weitergejodelt. «Häb Gott vor Ouge» half bei Lucretia eben nicht viel und so meisterte sie alle Probleme auf ihre ganz eigene Art und Weise. Kein Wunder druckte die Berner Zeitung am 11. Juli 1979 einen Artikel mit der Headline: «Wer hat Angst vor Lucretia Herren?» – sie war eben wahrhaftig ein Original und während viele Landkinos in dieser schwierigen Phase die Türen für immer schlossen, konnte sie das KINO LAUPEN über Wasser halten.

 

Schwieriger Anfang für Rolf Schorro: «Stirbt das KINO LAUPEN?»

Die Kinobranche wurde zu dieser Zeit enorm professionalisiert und institutionalisiert. Die Wirtschaftlichkeit rückte vor allem seitens der grossen Filmverleihe mehr und mehr in den Vordergrund und administrative Aufwände wuchsen insofern stetig. So entschied sich Lucretia Herren das Zepter nach 29 Jahren ihrem Enkel Rolf Schorro zu übergeben. Der schriftliche «Krims-Krams», der in den letzten Jahren so sehr zugenommen habe, sei der Grund gewesen, warum sie die Zügel einem Jüngeren in die Hand gab, stand am 27. Dezember 1980 in der Berner Zeitung.

In den 80er Jahren hatte es der neue Kinobesitzer gar nicht einfach. Gleich mehrmals wurde dem Kino Laupen das Ende vorausgesagt: 1984 in der Berner Zeitung: «Die gute alte Zeit der laufenden Bilder ist vorbei», 1989 im Bund: «Stirbt in Laupen das Kino?»,  oder «Hat das Kino Hirschen nach 36 Jahren ausgespielt?»

Erhöhte individuelle Mobilität und Urbanisierungsprozesse führten zum Konkurrenzkampf mit den modernen Stadtkinos, welche die Streifen von den Filmverleihen früher erhielten als die Landkinos. Filmliebhaber zog es deshalb nach Bern und das KINO LAUPEN sah sich mit schwindenden Besucherzahlen konfrontiert. Die Lichtspiele auf dem Land präsentierten ihre Premieren zeitgleich mit den ersten Reprisen desselben Filmes in der Stadt. Die Markbedingungen wurden weitgehend von den Filmverleihern diktiert. Sie hatten ein Interesse an hohen Zuschauerzahlen und bevorzugten daher die gut besuchten Stadtkinos. Auch das Aufkommen der Videofilme trug wesentlich zum schweren Stand der Landkinos bei.